Die westrussische Grenzregion Belgorod nahe der Ukraine ist unter Beschuss geraten. Der BND sieht keine Risse im System Putin. Die USA haben Hinweise auf Waffenschmuggel von Wagner-Söldnern. Nachrichten im Überblick.
Das Wichtigste in Kürze:
- Lage in russischer Grenzregion Belgorod unklar
- BND-Präsident Kahl sieht keine Risse im System Putin
- USA: Hinweise auf Waffenschmuggel von Wagner-Söldnern
- Deutsche Politik debattiert weiter über Waffenlieferungen
- UN besorgt über Ausbleiben von Schiffen in ukrainischem Hafen
Die Lage in den an die Ukraine grenzenden Ortschaften des westrussischen Gebiets Belgorod ist weiter unklar. Ukrainische Nationalisten, die von Russland für den Angriff auf russisches Gebiet verantwortlich gemacht werden, seien zurück auf ukrainisches Gebiet gedrängt worden, teilte das russische Verteidigungsministeriummit. Mehr als 70 Angreifer seien getötet worden.
Zuvor hieß es, dieKämpfe dauerten an. "Die Säuberung des Territoriums durch das Verteidigungsministerium und andere Sicherheitsstrukturen wird fortgesetzt", teilte der Belgoroder Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow mit. Zwar gebe es bisherigen Erkenntnissen zufolge unter den Zivilisten keine Todesopfer, doch für die Rückkehr der Einwohner sei es zu früh. Unabhängig überprüfen lassensich die Angaben nicht.
Eine Explosion im russischen Belgorod richtete erhebliche Schäden an
Am Montag waren Kämpfe im Landkreis Graiworon an der Grenze zur Ukraine ausgebrochen. Acht Menschen wurden nach Behördenangaben verletzt. Laut Gladkow war ein "Spionage- und Sabotagetrupp" in das Gebiet eingedrungen. Zu dem Angriff bekannten sich zwei aus russischen Staatsbürgern bestehende Freiwilligenkorps, die im Krieg in der Ukraine auf der Seite Kiews kämpfen. Ziel sei es, eine demilitarisierte Zone entlang der Grenze zu schaffen, um den ständigen Beschuss ukrainischen Territoriums zu verhindern, hieß es von ihnen.
Kiew dementierte eine Beteiligung an der Aktion. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, die Angriffe in Belgorod würden die Notwendigkeit beweisen, den Krieg gegen die Ukraine fortzuführen. Der Vorfall in Belgorod ist die bislang schwerste Attacke auf russisches Territorium.
BND-Präsident Kahl sieht keine Risse im System Putin
Auch 15 Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat der Bundesnachrichtendienst (BND) keine Indizien festgestellt, die auf Destabilisierung des Regimes des russischen Präsidenten Wladimir Putin deuten. Trotz vereinzelter Kritik -etwa an Munitionslieferungen - gebe es auch keine Anzeichen, dass das System ins Wanken gerate oder implodiere, sagte der Chef des deutschen Auslandsgeheimdienstes, Bruno Kahl. Dies sei aber auch nicht auszuschließen.
BND-Präsident Bruno Kahl spricht in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik
"Russland ist nach wie vor in der Lage, einen Krieg auf der langen Distanz gesehen zu führen" - mit immer wieder neu rekrutierten Soldaten, so Kahl vor der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin. Dies gelte auch für die Bereiche Rüstung und Munition. Insofern sei von Schwachheit oder davon, dass die Aktivitäten zusammenbrechen könnten, nicht zu reden. Zwar gebe es Verwundbarkeiten und auch Überraschungen - etwa, was die Leistungsfähigkeit der Streitkräfte betreffe. Wenn aber der Westen die Ukraine nicht sehr organisiert unterstütze und Widerstand organisiere, könne sich Putins Strategie durchsetzen, auf die lange Zeitschiene und die Masse zu setzen.
US-Außenministerium: Hinweise auf Waffenschmuggel von Wagner-Söldnern
Die russische Söldnergruppe Wagner soll nach Angaben des US-Außenministeriums versucht haben, über Mali Waffen zu schmuggeln, die in der Ukraine eingesetzt werden sollen. "Es gibt Hinweise darauf, dass Wagner versucht hat, militärische Systeme von ausländischen Anbietern zu kaufen und diese Waffen als Drittpartei durch Mali zu leiten", erklärte Ministeriumssprecher Matthew Miller. "Wir haben noch keine Anzeichen dafür gesehen, dass diese Käufe abgeschlossen oder ausgeführt wurden, aber wir beobachten die Situation genau."
Wie verläuft die ukrainische Gegenoffensive? (17.05.2023)
Kiesewetter: Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine
Roderich Kiesewetter, CDU-Verteidigungspolitiker im Deutschen Bundestag, hat nach dem erfolgreichen Einsatz britischer Marschflugkörper in der Ukraine die Bundesregierung aufgerufen, deutsche Marschflugkörper vom Typ Taurus an Kiew zu liefern. Die Partner müssten dem Land jetzt alles liefern, "was die Ukraine im Gefecht der verbundenen Waffen einsetzen kann und völkerrechtlich zulässig" sei, sagte Kiesewetter dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Taurus-Marschflugkörper mit einer Reichweite von bis zu 400, 500 Kilometern würden der Ukraine einen erheblichen "qualitativen Mehrwert bringen und Schläge gegen die militärische Infrastruktur der Russen weit hinter der Frontlinie ermöglichen", so der Christdemokrat weiter. Er sei zuversichtlich, dass solche Systeme rasch in die ukrainische Luftwaffe integriert werden könnten. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius äußerte sich betont zurückhaltend zu Kiesewetters Vorschlag. Er wolle nicht auf jedes Waffensystem eingehen und auf eine hypothetische Frage eine hypothetische Antwort geben, sagte der SPD-Politiker am Rande des EU-Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Das erst in diesem Monat geschnürte neue deutsche Waffenpaket für Kiew enthält keine Taurus-Marschflugkörper.
CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter
Gleichzeitig äußerte auch Pistorius die Auffassung", "dass wir dieUkraine mit allen völkerrechtlich zulässigen Systemen unterstützensollten, die es braucht, um diesen Krieg zu gewinnen und die wirimstande sind, zu geben". Auf die Frage, ob er in einer möglichenLieferung von F-16-Kampfjets auch eine Gefahr sehe, erklärte er: "Ichsehe kein Eskalationsrisiko an der Stelle."
Makeiev hofft auf "führende Rolle" Deutschlands bei NATO-Beitritt
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Oleksii Makeiev, ruft die Bundesregierung auf, die Aufnahme seines Landes in die NATO voranzutreiben. Die Ukraine erwarte vom NATO-Gipfel, der am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius stattfindet, "klare Signale zur euroatlantischen Integration und zum zukünftigen NATO-Beitritt meines Landes", sagt Makeiev den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, Oleksii Makeiev
Nur eine Mitgliedschaft in der Atlantischen Allianz könne Sicherheitsgarantien liefern, so der Botschafter.Dabei erwarte die Ukraine "eine führende Rolle von unseren Verbündeten in Deutschland, wie sie es bereits bei der Bildung der Panzer-Koalition und der Luftabwehr gespielt haben". Zugleich lobte Makeiev die Koalition zur Lieferung von Kampfjets, die beim G7-Gipfel in Hiroshima geschmiedet worden war, pochte aber nicht auf eine Beteiligung Deutschlands.
UN besorgt über Ausbleiben von Schiffen in ukrainischem Hafen
Die Vereinten Nationen zeigen sich irritiert, dass in den ukrainischen Schwarzmeerhafen Piwdennji (Juschny) seit dem 2. Mai keine Schiffe mehr eingelaufen sind. "Wir sind besorgt über diese Einschränkung und fordern erneut die vollständige Wiederaufnahme des Betriebs", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Er machte keine Angaben dazu, wer für das Ausbleiben der Schiffe verantwortlich sein könnte. Im Rahmen der Schwarzmeer-Vereinbarung wurden zunächst mehr als 30 Millionen Tonnen Getreide und andere Lebensmittel aus ukrainischen Häfen exportiert. Dujarric zufolge war der Hafen Piwdennji für mehr als ein Drittel davon verantwortlich.
Lettland setzt sich für aus der Ukraine deportierte Kinder ein
Die lettische Justizministerin Inese Libina-Egnere will den Vorsitz ihres Landes im Europarat nutzen, um endlich für Sicherheit für die aus der Ukraine deportierten Kinder zu sorgen. Im Interview der DW sagte die Ministerin: "Ich kann jetzt keinen Zeitplan nennen, aber ich weiß, es ist schon viel zu spät. Das hätte schon längst passieren müssen. Wir hätten schon längst einen Plan haben können, und da müssen wir wirklich ernsthaft dran arbeiten." Der Europarat müsse zeigen, dass erdie Würde des Menschen in den Mittelpunkt stelle.Die ukrainische Regierung wirft Moskau vor, Tausende Kinder illegal aus besetzten Gebieten der Ukraine nach Russland deportiert zu haben.Lettland hat Mitte Mai den rotierenden Vorsitz im Europarat übernommen.Der Europarat, der kein Organ der EU ist, wacht über die Einhaltung der Menschenrechte in seinen 46 Mitgliedsstaaten.
Greenpeace befürchtet nach Verbot in Russland Rückschlag für Umweltschutz
Die Einstellung der Arbeit von Greenpeace in Russland ist nach Angaben der Umweltschutzorganisation folgenschwer für den Klimaschutz in dem Land. "Das ist ein sehr harter Schlag für uns, aber auch für die gesamte Umweltschutz-Bewegung in Russland", sagte ein Mitarbeiter der Organisation der Nachrichtenagentur AFP. Er hoffe, dass die von der Organisation ausgebildeten russischen Freiwilligen die Arbeit eigenständig fortsetzen könnten.
Russland hatte Greenpeace am Freitag als "unerwünschte Organisation" eingestuft. Die Generalstaatsanwaltschaft warf der Organisation mit Sitz in den Niederlanden vor, einen "Umsturz" der Machtverhältnisse zu fördern und "profitablen" Wirtschaftsprojekten entgegenzuwirken. Greenpeace nannte die Vorwürfe "absurd" und kündigte die Schließung seines Ablegers in Russland an, um die strafrechtliche Verfolgung seiner Mitglieder zu vermeiden.
Greenpeace-Aktivisten demonstrieren 2021 in Wladiwostok für den Schutz von Orcas und Walen
Seit dem Beginn der Ukraine-Offensive im Februar 2022 hat die Unterdrückung kritischer Stimmen in Russland zugenommen, auch im Bereich Umweltschutz. Greenpeace-Aktivisten befürchten, dass der wachsende Bedarf des militärisch-industriellen Komplexes Russlands zu neuer Umweltverschmutzung führen werde. Der Greenpeace-Ableger in Russland hat seit seiner Eröffnung im Jahr 1992 insbesondere auf die Gefahren des Klimawandels hingewiesen. Zudem machten die Klimaschützer immer wieder mit zahlreichen Aktionen auf Umweltverschmutzung, den Erhalt bedrohter Tierarten und die häufigen Waldbrände aufmerksam.
qu/uh/sti/AR/kle/mak (dpa, afp, rtr)
Dieser Artikel wird am Tag seines Erscheinens fortlaufend aktualisiert. Meldungen aus den Kampfgebieten lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
- Datum23.05.2023
- ThemenseitenKrim-Krise, Bundesnachrichtendienst, Finnland, Ukraine, Russland, Krieg in der Ukraine
- SchlagwörterUkraine,Russland,Bundesnachrichtendienst,Wladimir Putin,Waffenschmuggel,Wagner-Gruppe,Belgorod,Oleksii Makeiev
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